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Mein Wille geschehe
Info, Gesellschaft + Soziales • 11.08.2020 • 22:15 - 22:45
Benedict Mülder hat sich für ein Leben mit Beatmung entschieden, ob er das heute immer noch so empfindet, das wissen weder seine Frau noch seine Freunde.
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Wenn es um Leben oder Sterben geht, gibt es nie hundertprozentige Gewissheit, ob eine getroffene Entscheidung wirklich im Sinne des Patienten war.
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Wie viel Benedict Mülder von seiner Geburtstagsfeier mitbekommt, wissen seine Angehörigen nicht, sie können es nur vermuten. Benedict Mülder an seinem 64. Geburtstag mit Freunden.
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Auch nachts lässt Dagmar Mülder ihren Mann nicht allein, sie schläft neben ihm. Seit Jahren liegt Benedict Mülder nun bewegungslos in einem Pflegebett im Wohnzimmer.
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Originaltitel
Mein Wille geschehe
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2020
Info, Gesellschaft + Soziales
Die moderne Medizin stellt uns vor die vielleicht schwierigste Frage unseres Lebens: Was und wie viel wollen wir ertragen, um zu leben, wenn unser Körper doch unheilbar krank ist? Durch die Möglichkeiten der modernen Medizin steigt die Zahl derer, die ohne permanente Intensivpflege nicht überleben würden. Also lieber Apparatemedizin und oft qualvolles Leiden? Was will der Patient, der sich vielleicht gar nicht mehr äußern kann? Der 65-jährige "taz"-Mitbegründer und Journalist Benedict Mülder bekam im Jahr 2009 die Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, eine Krankheit, die zu totaler Bewegungslosigkeit führt. Er hat sich damals dafür entschieden, mit der Krankheit weiterzuleben. Mit Beatmung und zu Hause bei seiner Familie. Seine Frau Dagmar hat die Entscheidung mitgetragen - aus Liebe zu ihm: "Es war uns klar, dass wir uns immer für das Leben entscheiden." Die Alternative zur Beatmung wäre der Tod gewesen. Seit Jahren liegt Benedict Mülder nun bewegungslos in einem Pflegebett im Wohnzimmer seiner Familie. Der Alltag findet um ihn herum statt: das Abendessen mit Sohn Jim genauso wie der regelmäßige Besuch von seinen Freunden. Durch das Krankenbett im Wohnzimmer hat Benedict Mülder Anteil am Leben. Aber welchen eigentlich? Er ist völlig passiv und reagiert nicht auf Ansprache. 2016, als er noch kommunizieren konnte, hat er klar gesagt: Dieses Leben ist für ihn lebenswert. Ob er das heute immer noch so empfindet? Das wissen weder seine Frau noch seine Freunde. Johannes Kalbhenn muss täglich Entscheidungen über das Leben anderer treffen. Der 41-Jährige ist Oberarzt einer Intensivstation am Universitätsklinikum Freiburg und behandelt oft Patienten, die sich nie damit auseinandergesetzt haben, unter welchen möglicherweise massiven Einschränkungen sie trotzdem weiterleben wollen - oder nicht. Noch komplexer wird die Frage, wenn sich Patienten nicht mehr äußern können oder nicht mehr bei Bewusstsein sind: "Mit jedem Organ, das wir durch Apparate ersetzen können, wächst die Verantwortung. Ist es überhaupt sinnvoll, das zu tun?", so Johannes Kalbhenn. Wenn ein Patient nicht mehr bei Bewusstsein oder dement ist, es keine Patientenverfügung gibt, ist die größte Herausforderung für den Arzt, durch Gespräche mit Angehörigen herauszufinden, was dessen mutmaßlicher Wille ist. Es gibt dabei nie hundertprozentige Gewissheit, ob eine getroffene Entscheidung wirklich im Sinne des Patienten ist. "37°" begleitet Menschen, die sich damit auseinandersetzen, wie Patientenwille und moderne Medizin zueinander stehen. Im Film geht es vor allem um die ethische Seite des Themas, bei der es selten ein eindeutiges Richtig oder Falsch gibt. Die "37°"-Sendung steht am Sendetag ab 8.00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung.